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Wirtschafts- und Unternehmenstour 2020 – Besuche bei DocYet, SMILE und ScobyTec

Nicht nur durch die Corona-Pandemie wird uns bewusst, dass Gesundheit einer der wichtigsten – wenn nicht der wichtigste – Teil unseres Lebens ist. Auch die Versorgung mit diesem essenziellen Gut befindet sich momentan im Umbruch. Zum Beispiel macht auch der Gesundheitssektor vor der Digitalisierung nicht halt. Ein Beispiel dafür, wie das aussehen kann, habe ich mir gestern am letzten Tag meiner diesjährigen Wirtschafts- und Unternehmenstour bei DocYet angeschaut. DocYet ist ein Chatbot, der eine Ersteinschätzung für Symptome gibt und dabei hilft, die richtige Anlaufstelle zur Heilung zu finden, z.B. Apotheken, Fachärzt*innen oder das nächste Krankenhaus. Corona hat sich insgesamt positiv auf DocYet ausgewirkt. Im Gesundheitssektor könne sich kein Unternehmen über die Pandemie beschweren. Dennoch sei es am Anfang gewöhnungsbedürftig gewesen, alle Arbeitsabläufe coronagerecht auf Abstand zu organisieren – vor allem, da DocYet als gerade mal dreijähriges Unternehmen noch keine festen Arbeitsabläufe habe.

Interessant fand ich folgende Einschätzung von Geschäftsführer Florian Bontrup: Durch die Corona-Pandemie sei deutlich geworden, dass große Unternehmen nicht unbedingt sicherere Arbeitgeber sind. Durch die Krise seien Arbeitnehmer*innen offener dafür geworden, in vermeintlich unsicheren StartUps zu arbeiten. Speziell sei auch das Interesse am Gesundheitssektor gestiegen, weil dieser sehr sinnstiftend sei.

Der nächste Termin des Tages führte mich zusammen mit SPD-Stadtrat Prof. Dr. Getu Abraham zur Selbstmanagement-Initiative Leipzig (SMILE), die seit 2006 Studierenden, Absolvent*innen, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und Promovenden beim Weg in die Selbstständigkeit hilft. Im Gespräch mit Prof. Dr. Helge Löbler interessierte uns vor allem, was in Leipzig für Gründer*innen getan werden kann und wie die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft gelingen kann.

Was in Leipzig laut den Verantwortlichen noch fehle, sei das richtige Vermitteln von Start-Ups mit Investor*innen. Es gebe viele Ideen und viel Geld, aber diese Faktoren träfen sich hier nicht so leicht. Es brauche mehr Kontaktmöglichkeiten wie Vernetzungsmessen, oder Kooperationsprojekte zwischen Hochschulen und der (über)regionalen Wirtschaft, um voranzukommen. Solche Kooperationsprojekte seien zudem eine sehr große Chance für Studierende, sich selbst schon während ihres Studiums auszuprobieren und Praxiserfahrung zu sammeln.  Diese würden dazu beitragen, Studierenden selbstständiges Denken und Handeln beizubringen, ihre Kreativität zu wecken und das Umgehen mit Rückschlägen zu vermitteln – alles Eigenschaften, die man auch für das Gründen eines erfolgreichen Geschäfts brauche.

Den Abschluss meiner Tour bildete dann am Nachmittag der Besuch bei Carolin Wendel und Bernhard Schipper von ScobyTec. Das drei Personen starke interdisziplinäre Forschungsteam des 2014 gegründeten Unternehmens züchtet aus Bakterien- und Pilzkulturen u.a. ein lederähnliches Material, das nicht nur kompostierbar, unbrennbar und chemiefrei, sondern im Vergleich zu „richtigem“ Leder auch unglaublich ressourcenschonend ist. Das Material kann Anwendung in der Kleidungsindustrie, Möbelherstellung, aber auch in der Produktion von z.B. Autositzen finden.

Im Gespräch wurde erneut deutlich, dass StartUps nicht nur Unterstützung in der Gründungsphase benötigen, sondern insbesondere auch beim Übergang von der Idee hin zur Markttauglichkeit und -erprobung ihres Produkts. Mit dem Spruch „Ruhm und Ehr‘ und kaum Salaire“ brachte Carolin Wendel eine der wohl größten Herausforderungen für das  Unternehmen auf den Punkt: Obwohl das Innovationspotenzial des neuartigen und nachhaltigen Materials in Forschungs- und Wirtschaftskreisen hohe Anerkennung erfährt und bereits vielfach ausgezeichnet wurde, fehlen nach wie vor Kapitalgeber*innen, um den Wechsel von den Züchtungen in derzeit kleinen Laborräumen hin zur wirtschaftlichen, großindustriellen Herstellung bewältigen zu können. Deutlich wurde in dem Gespräch aber auch: Da schlummern noch viele weitere, innovative Ideen – angefangen bei der Digitalisierung von (Arbeits-)Schuhen bis zum handlichen Stickstoff-Sensor. „Wir sind kein gewöhnliches StartUp, sondern eher die Punkband“, sagte Bernhard Schipper dazu lachend. Diesen Eindruck kann ich nach diesem spannenden Gespräch nur bestätigen!