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Sondernewsletter von Holger Mann und Nadja Sthamer zu den Haushaltsverhandlungen

Die Nachrichten aus Berlin, wie die kommenden Jahre Investitionen für ein starkes Deutschland gestaltet werden sollen, überschlagen sich derzeit. Am Montagabend kam die Eilmeldung einer sogenannten Haushaltssperre durch das Bundesfinanzministerium (Christian Lindner, FDP) hinzu.
Wir möchten in diesem Sondernewsletter den Versuch unternehmen, das aktuelle Geschehen nachvollziehbar zusammenzufassen. 

Auch bei uns beiden gibt es noch einige Fragezeichen und wir versuchen, die zahlreichen Informationen, die uns erreichen, einzuordnen und transparent weiterzugeben.

Eines bleibt für uns beide jedoch klar: Wir kämpfen für eine Gesellschaft des Respekts. Eine Gesellschaft, in der jede:r gut und selbstbestimmt leben kann. Eine Gesellschaft, in der wir zusammen die großen Aufgaben unserer Zeit angehen und jede:r den passenden Beitrag leistet. Eine gerechte Gesellschaft, in der wir aufeinander Rücksicht nehmen, die Freiheit des Einzelnen respektieren und solidarisch zusammenstehen, weil wir die Kraft der Gemeinschaft brauchen. 

Kurz & Knackig – Das wichtigste zusammengefasst

  • Der Staat wird trotz der Haushaltssperre seine Leistungen zahlen
  • Die Sperre gilt nur für Verpflichtungen, welche erst zwischen Dienstag und dem 31.12.2023 getroffen werden sollten; Für diese muss das Bundesfinanzministerium nun eine explizite Freigabe geben
  • Alle für dieses Jahr eingeplanten und bereits beschlossenen Vorhaben werden umgesetzt
  • Das Urteil aus Karlsruhe wird von der Bundesregierung genau geprüft
  • Die SPD setzt sich für eine Aussetzung oder Abschaffung der Schuldenbremse ein. Wir wissen, dass jetzige Schulden eine Investition in die Arbeitsplätze, Industrie und Wirtschaft der Zukunft sind. Die Schuldenbremse ist nicht mehr zeitgemäß.
  • Wir werden nicht mit einem Rasenmäher über den Haushalt gehen. Wir sind nicht dafür gewählt worden, einfach 60 Milliarden irgendwo einzusparen, Sozialabbau zu machen oder die Transformation der Gesellschaft zurückzunehmen. 

Es sind bewegte Zeiten und auch im Bundestag in Berlin, wie im Kabinett der Ampel werden die Herausforderung nicht weniger. Vergangene Woche Mittwoch hat uns ein Bundesverfassungsgerichtsurteil erreicht, dass man in seinen Folgewirkungen weiterhin nicht in Gänze ermessen kann. Dies auch, weil nicht nur die Bundesregierung das Mittel von Sondervermögen genutzt hat, um den Spielraum der Schuldenbremse zu erweitern, sondern dies in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Bundesländer getan haben. Selbstverständlich wird die Ampel-Koalition dieses Urteil nicht nur respektieren und im weiteren Prozess beachten, sondern auch in seiner Tragweite genau prüfen, welche Konsequenzen damit für die Haushaltsplanung und -führung des Bundes und der Länder einhergehen.

Ein Großteil von fast 60 Milliarden Euro, die für Investitionen in Chipindustrie, die Energie- und Wärmewende u.a. Förderung der klimafreundlicheren Umstellung von Heizungen, für die Ertüchtigung von insbesondere Schieneninfrastruktur, aber auch wirtschaftlichen Ansiedlungen wie großen Mikrochipherstellern in Ostdeutschland geplant waren, stehen aus der Quelle des Klima- und Transformationsfonds nicht mehr zur Verfügung. Jedoch haben sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck klargemacht, dass die Investitionen in den Osten erhalten bleiben sollen. Dies wurde nicht zuletzt letzten Freitag auf der Ost-Minister:innenkonferenz deutlich.

Bei der jetzt vom Bundesfinanzministerium eingesetzten Sperre entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall darüber, ob die im Bundeshaushalt 2023 eingestellten Verpflichtungen für kommende Jahre eingegangen werden dürfen. Dabei geht es nicht um laufende Ausgaben. Die für 2023 etatisierten Mittel können weiter abgerufen werden. Auch bereits eingegangene Verpflichtungen sind davon nicht betroffen. Auswirkungen wird diese Sperre also auf Verpflichtungen haben, die zwischen heute und dem 31.12.2023 gemacht werden sollen.

 Jetzt geht es darum, sich zügig auf einen neuen Wirtschaftsplan für den Klima- und Transformationsfonds zu verständigen. Denn klar ist: Wir brauchen auch weiterhin einen handlungsfähigen Staat, der Wachstumsimpulse setzt und die wichtige Transformation zur Klimaneutralität aktiv begleitet. Auf diesen Weg hat sich die Ampel-Koalition gemacht und es gilt, ihn auch unter veränderten Rahmenbedingungen fortzusetzen. Wir alle sind in der Verantwortung, damit der Klimaschutz und der Wirtschaftsstandort Deutschland mit seinen Beschäftigten nicht zu den Verlierern werden. Auch deshalb ist es wichtig, jetzt wie geplant Anfang Dezember den Bundeshaushalt 2024 auf den Weg zu bringen. Zugleich kommt es jetzt darauf an, tragfähige Finanzierungslösungen für die Zukunftsaufgaben zu finden.

Unabhängig davon und den großen Fragen für die kommenden Bundeshaushalte hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in den letzten Monaten den Bundeshaushaltsentwurf 2024 beraten. Die SPD-Haushälter:innen und unter ihnen zahlreiche ostdeutsche Bundestagsabgeordnete haben viele Wochen in Prioritätensetzungen und gute Lösungen in herausfordernden finanziellen Zeiten investiert.

In einer Nachtsitzung haben die Haushälter:innen der Ampelkoalition vergangene Woche die Einzelpläne geeint, während sich die CDU/CSU-Abgeordneten der Mitarbeit verweigert haben und sich bei allen Einzelplänen enthielten oder Projekte gänzlich ablehnten. Eigene Anträge brachten sie nicht ein.

Dieser Merz‘sche Kurs der Fundamentalopposition wirft die Frage auf: Wo ist das Diktum „Erst das Land, dann die Partei“ geblieben? Fakt ist, die Ampel hat in diesen Haushaltsberatungen alle Anstrengung aufgewandt, Stabilität und Planbarkeit zu schaffen.

Im Ergebnis konnten viele schmerzhafte Kürzungsvorschläge der Bundesministerien abgewandt oder sogar Gelder mobilisiert werden. So zum Beispiel bei Integrationsmaßnahmen und zur besseren Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit. Im Bereich Soziales und Familien freuen wir uns über Rücknahme der Kürzungen bei Freiwilligendiensten, die weitere Förderung der Respektcoaches oder der Jugendmigrationsdienste.

Ein Schwerpunkt der SPD-Bundestagsfraktion war die Verteidigung unserer Demokratie und Stabilisierung freiheitlicher Werte. So sind die Kürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung abgewandt worden, gibt es Gelder für die Bekämpfung des Antisemitismus und Rechtsextremismus sowie religiösen Fundamentalismus. Auch die Aufarbeitungs- und Gedenkarbeit wurde in zahlreichen Projekten gestärkt.

Dazu kommen innovative einzelne Projekte, die Wachstum und Innovation dienen. Besonders erfreulich: Die ostdeutschen Haushälter:innen haben für das Bauforschungszentrum LAB (Lausitz Art of Building) insgesamt 70 Mio. Euro mobilisiert. So kann die ressourcenschonende Zukunft der Bauindustrie vorangetrieben werden.

Alle Änderungen lassen sich hier nicht einzeln würdigen. Wenn ihr Fragen dazu habt, wendet euch gern an uns. Noch aber hat der Bundestag den Gesamthaushalt nicht beschlossen. Bis zur finalen Lesung in der Woche vom 27. November bis zum 1. Dezember wird noch am Haushalt gearbeitet.

Für uns steht jedoch fest: Wir werden nicht mit einem Rasenmäher über den Haushalt gehen. Wir sind nicht dafür gewählt worden, einfach 60 Milliarden irgendwo einzusparen, Sozialabbau zu machen oder die Transformation der Gesellschaft zurückzunehmen. Wir werden niemals die Hand dafür heben, Unternehmen nicht mehr im internationalen Wettbewerb zu unterstützen und damit Arbeitsplätze in Deutschland zu verlieren.