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Debattenbeitrag zur Haushaltsdebatte und Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Umgang mit der Schuldenbremse:

Für mich ist klar weder eine Energiepreiskrise im Ausmaß der Gas- und dadurch Strompreishöhe infolge des Ukraine-Krieges, noch die massiven Investitionen für die Transformation der Deutschen Wirtschaft oder der Umrüstung in Wohngebäude auf CO2-neutrale Techniken lässt sich aus dem laufenden Bundeshaushalt finanzieren.

Die USA haben das verstanden und mit dem „inflation reduction act“ allein 783 Milliarden Dollar für Investitionen in Energie, Klima-Technologien und die Gesundheitsversorgung aus Schulden mobilisiert.

Genauso tun dies viele europäische Länder und entwickelte Volkswirtschaften. Allein in Deutschland meint eine kleiner werdende Zahl von Ökonomen und Politiker:innen man könne diese Summen aus einem laufenden Haushalt schöpfen, der zu über 80% gebunden ist. Das wird nach dem OVG-Urteil von gestern noch fragwürdiger.

Klar ist für mich deshalb: Wir brauchen nicht nur dieses Jahr die Aussetzung der Schuldenbremse, sondern auch im kommenden Jahr 2024. Der größte Krieg in Europa seit dem zweiten Weltkrieg tobt immer noch und verursacht menschliche, wie materielle Verluste in unvorstellbarem Ausmaß. Wer zudem jetzt nicht investiert, wird Folgekosten in viel größerem Ausmaß zu tragen haben. Diese Hypothek auf unsere Erde können wir den nächsten Generationen wirklich nicht überlassen.

Kein Unternehmen oder selbst Privatperson finanziert die notwendigen Finanzvolumen in einem Jahr, sondern langfristig. Wir brauchen deshalb eine ernstzunehmende Debatte über eine atmende Schuldenbremse für diese Investitionen, der sich auch der Oppositionsführer und die zweitgrößte Fraktion im Deutschen Bundestag nicht verschließen sollte.

Das heißt nicht, dass es keine Reformen der Finanzverfassung und eineernstzunehmende Überprüfung sowohl der Einnahmen- als auch Ausgabenseite geben sollte. Im Gegenteil wird diese dringender denn je. Der Bund nimmt inzwischen deutlich weniger ein (337 Milliarden), als die Länder (385 Mrd.) und Kommunen (134 Mrd.), sieht sich aber zunehmenden Forderungen ausgesetzt.

Auf der Einnahmeseite bleibt unverständlich, wie man tatenlos zusieht, dass in Deutschland die Vermögen der reichsten 2% – gerade während Corona – rasant gewachsen sind und die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht. Erstmals seit Beginn der Erhebung der Großbank UBS haben Milliardäre mehr Vermögen durch Erbschaft als durch Unternehmertum erworben.

Das heißt auf der Einnahmeseite müssen Spitzenverdiener und Erben einen größeren Beitrag zu den Staatseinnahmen leisten. Allen Regeln in entwickelten Ökonomien folgend, werden sie über Grundstücks-, Aktien- und v.a. Immobilienbesitz von einer erfolgreichen deutschen Volkswirtschaft dennoch profitieren.

Nur dann werden die Arbeitsplätze für die über 45 Millionen Beschäftigten in Deutschland in Zukunft noch sicher sein und es möglich sein, den Aufstieg durch gute Arbeit und Fleiß zu schaffen. Was passiert, wenn hohe Einkommen nicht angemessen besteuert werden, kann man sich in den USA anschauen. Der „american dream“ ist für große Teile der Mittelschicht und erst recht die Geringverdienenden ausgeträumt. Working poor fast ein Normalzustand.

Auf der Ausgabenseite leistet sich Deutschland bis heute klimaschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg, Subventionen von Dieselfahrzeugen, hohen Energieverbrauchern bzw. entsprechende Abschreibungsmöglichkeiten. Gleichzeitig ist die Förderung von Energiewendemaßnahmen zu wenig zielgerichtet.

Im Feld der Investition macht sich die Ampel bereits an zahlreichen Stellen auf den Weg den Zugang zu Wagniskapital im Bereich Innovation und PPP für Infrastrukturinvestitionen zu vereinfachen. Dennoch braucht es hier mehr staatliches Geld als Anreiz und Ankerinvestition.

Es gibt also eine Menge zu tun. Ich hoffe inständig und arbeite dafür, dass sich Team Scholz durchsetzt!

Quellen der Zahlen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Inflation_Reduction_Act

https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/steuereinnahmen.html

https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Bundeshaushalt/Bundeshaushalt-2024/bundeshaushalt-2024.html

https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/studie-womit-die-superreichen-gerade-ihre-milliarden-machen,Tx6hoq7