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Redebeitrag zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU im Mai-Plenum

Gestern habe ich im Plenum des Sächsischen Landtags den gemeinsamen Antrag von SPD und CDU  zum Thema „Europäischer Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR): Stärkung und Zusammenhalt der europäischen Regionen mit Hilfe einer zukunftsorientierten Kohäsionspolitik nach 2020 sicherstellen“ (Drs 6/13361) begründet. Im Folgenden gibt es den Volltext der Rede zum Nachlesen (es gilt das gesprochene Wort):

 

„Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

aus aktuellem Anlass diskutieren wir heute die Zukunft der europäischen Finanzausstattung und Strukturpolitik. Anfang Mai hatte die Kommission erste Vorschläge präsentiert und erst gestern konkretisiert.

Diese will ich zunächst aus Sicht meiner Fraktion bewerten.

Die Gesamtmittelausstattung der Kohäsionspolitik wird trotz BREXIT mit 331 Milliarden / ca. 30 Prozent der größte Ausgabenblock des EU-Haushaltes sein. Verbunden mit dem stärkeren Engagement im Feld von Forschung, Digitalisierung und Innovation sicherlich eine wichtige und richtige Weichenstellung für unser Industrieland, wie unsere Nachbarregionen.

Für ganz Deutschland soll der Rückgang der Mittel bei 1,5 Mrd. auf 17,7 Mrd. Euro also – selbst bei Einbeziehung der Inflation – bei nur etwa einem Fünftel liegen. Ein Ergebnis, das angesichts unserer sehr positiven, wirtschaftlichen Entwicklung und Ausscheiden des UK bisher so nicht erwartbar war. Ein Korridor, der bei Verständigung auf Prioritäten und Kompensation durch Bund, Land und Wirtschaft gestaltbar erscheint.

Erfreulich ebenso: Auch zukünftig werden alle Regionen Mittel aus der Kohäsionspolitik erhalten, dies war und ist eine unserer Forderungen.

Konkret: Die angekündigte Erweiterung der Bruttoinlandsprodukt-Grenze auf 100 Prozent für die Übergangsregionen macht es möglich, dass der Landesdirektionsbezirk Dresden auch in Zukunft hohe Mittel erwarten kann. Ein Kompromiss, der für diese sechs Landkreise Sachsens mehrere hundert Millionen Euro Fördermittel ab 2021 wert sein dürfte. Und immerhin wird so auch der LDB Leipzig überhaupt noch mit EU-Struktur-Förderung rechnen können. Das ist ein klarer Erfolg gemeinsamer Verhandlungen des EP, der Regionen und des Bundes in Brüssel.

Uns in den neuen Bundesländern wird zudem helfen, dass bei der Mittelverteilung auch Unterschiede innerhalb der Nationalstaaten über den Indikator „Wohlstandsniveau“ berücksichtigt werden sollen.

Ferner soll es Verwaltungsvereinfachungen, insbesondere bei den Prüfungsverfahren – Stichwort Single Audit – und eine teilweise Verlagerung auf die regionalen Kontrollverfahren geben. So läge es dann in der Hand des Sächsischen Rechnungshofes unbürokratische Verfahren zu sichern. Immerhin eine Chance, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob sich mancher dann nicht wieder die EU als Prüfbehörde wünschen würde.

Aber im Ernst: Der Vorschlag der Kommission enthält auch große Herausforderungen. Neben dem insgesamt sinkenden Niveau bietet er die Gefahr, dass die Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Regionen Sachsens noch weiter auseinanderfallen. Während die zwei Übergangsregionen mit Höchstfördersätzen von 55 Prozent sogar den Rückstand zum Förderniveau der weniger entwickelten Regionen im Osten Sachsens um 10 Prozent reduzieren können, wird der Abstand zur Region Leipzig um weitere 5 Prozent steigen.

Um dies in ein konkretes Bild zu setzen: Wenn ein Investor oder kommunale Gebietskörperschaft darüber nachdenkt, im ohnehin nicht mit öffentlichen Verwaltungs- wie Forschung-Einrichtungen oder gar Geld gesegneten Landkreis Nordsachsen eine Investition zu tätigen, wird er auch noch mit einem bis zu 15 Prozent niedrigeren Fördersatz als im infrastrukturell besser angebundenen Landkreis Meißen oder gar mit einem 30 Prozent niedrigeren Fördersatz als in der 150 km entfernten polnischen Nachbarregion leben müssen.

Ich verweise daher hier ausdrücklich auf den Forderungspunkt 2c) und d) im Koalitionsantrag, der hier Aufgaben für die kommende Finanzarchitektur im Freistaat definiert.

Zudem, und das ist vielleicht noch schwerwiegender, werden viele Investitionen – insbesondere der Kommunen – bei einem EU-Kofinanzierungssatz von, in der Region Leipzig nur noch maximal 40 Prozent, unattraktiv, wenn der Freistaat diese Lücken nicht kompensiert.

Nichts desto trotz, noch ist dies nur ein Vorschlag der EU-Kommission. Ein Etappenerfolg auf dem Weg zur nächsten Förderperiode, der noch die Zustimmung von Rat und EU-Parlaments bedarf.

Nichts desto trotz kann man ein Zwischen-Fazit ziehen:

  • Die Kohäsionspolitik bleibt eine der wichtigsten Politiken der Europäischen Union und das entscheidende Instrumentarium, um den Zusammenhalt der europäischen Regionen sowie deren wirtschaftliche, soziale und territoriale Konvergenz zu unterstützen.
  • Die Mittelverschiebungen sind weniger drastisch als befürchtet und erlauben weiter eine gestaltende Politik mit immer noch hohen Investitionsquoten, v.a. aber bei klarer definierten Prioritäten, wie der Integration oder Innovation.
  • Wir müssen dennoch über alternative Fördermöglichkeiten nachdenken, schon allein um die Disparitäten innerhalb der sächsischen Regionen nicht zu groß werden zu lassen. Hier wird insbesondere der zukünftig um sogar 15 Prozent auseinanderfallende Höchstfördersatz zwischen den Regionen Chemnitz/Dresden und der Region Leipzig eine Herausforderung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir wollen die Chancen, welche die EU bietet, auch zukünftig zum Wohle der Menschen in unserem Land nutzen, – verstärkt um Innovation, Strukturwandel und Integration zu unterstützen.

Dafür verhandelt die Staatregierung und handeln auch unsere Vertreter_innen im Europäischen Parlament. Der nun vorliegende Vorschlag der Kommission zum mittelfristigen Finanzrahmen bietet einen guten Rahmen. Dieser sollte nun gesichert werden, um ihn zeitnah mit klaren Prioritätensetzungen nutzen zu können.

Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.“

 

Den kompletten Beitrag gibt es zum Nachhören und -schauen auch hier.