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Rede zu Petition zur Planfeststellung zum Ausbau des Flughafens Leipzig/ Halle

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

der Flughafen Leipzig-Halle ist seit Jahren Kristallisationspunkt verschiedener, politischer Debatten, die sich nicht zuletzt an Konflikten entfalten.
Der bisher am stärksten in der öffentlichen Wahrnehmung stehende ist sicherlich der zwischen immanenten wirtschaftlichen Interessen der Luftfahrt und dem insbesondere von Anwohner*innen beklagten Fluglärm.

Hinzu kommen weitere, der zwischen der schnellsten und zuverlässigsten Transportform, die aber zugleich die mit den höchsten Emissionen ist und mithin im Konflikt mit Klimaschutz steht.

Ebenso im Konflikt steht die auch in der Bevölkerung vorhandene Erwartung, dass Waren und Dienstleistungen immer schneller, ja zum Teil binnen 24 Stunden verfügbar sein müssen und den Wirkungen auf die Umwelt, nicht zuletzt den Menschen durch den Nachtflugbetrieb.

Seit zwei Wochen kommt hierzu ein v.a. medial geführter Konflikt zwischen einem global agierenden Unternehmen und jungen Aktivisten aus der Ökobewegung.

Alle diese Konflikte sind weder einfach zu klären, noch auszugleichen. Zunehmend wird dabei vergessen, dass wir uns bereits in einem klar ausdeklinierten rechtlichen Rahmen bewegen.

Deshalb erlauben wir uns einen globaleren Blick auf das Thema. Zunächst ist festzustellen, dass dem Ausbau des Verkehrsflughafens Leipzig/ Halle ein großes Potenzial der Aufwertung der Luftverkehrs-Infrastruktur und weiteren Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in und um Leipzig inne liegt.
In anderem Fall, würde dieses dreistellige Millionen teure Vorhaben vermutlich niemand unternehmen.

So arbeiten bereits heute unmittelbar am Flughafen mehr als 10.800 Beschäftigte. Eine Mitarbeiterzahl die sich zwischen 2010 und 2020 verdoppelt hat. Davon rund 8.200 Menschen in den Bereichen Frachtumschlag, Fracht-Fluggesellschaften, Logistik und Speditionen.

Jobs übrigens die gern von ungelernten Arbeitskräften angenommen werden und mit aktuell 13 bis 14 € die Stunde vergleichsweise gut bezahlt werden. Noch größer dürfte die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens, aber für Ansiedlungen, Unternehmen und Selbstständige in und um Leipzig haben. Allein am und um den Flughafen selbst haben sich über 100 Firmen angesiedelt.

So sind Porsche, BMW, Amazon oder Future Electronics ohne den nahen Flughafen kaum denkbar. Viele, weiteren Ansiedlungen im Bereich Medizin und Umwelttechnik und IT wären ohne den Flughafen nicht erfolgt.

Wenn Sie Herr Böhme oder Mitglieder der Linksfraktion Leipzig als Armutshauptstadt geiseln und mithin das niedrige Einkommensniveau kritisieren, sollten Sie sich zugleich gewahr sein, dass viele positive Entwicklungen der letzten Jahre auf das Logistikzentrum im Leipziger Norden zurückzuführen sind. So sinkt seit Jahren die Zahl der Langzeitarbeitslosen, steigen die Durchschnittsverdienste und Steuerkraft von Leipzig und weiteren Anrainerkommunen deutlich.

So verzeichnete die Stadt Schkeuditz in unmittelbarer Nähe 2019 bei 18.000 Einwohnern ebenso viele sozialversicherte Beschäftigungsverhältnisse. Ein Verhältnis was sicher nur an wenigen andere Kommunen vorweisen können.

Gleichzeitig ist uns aber bewusst, dass ein Ausbau des Flughafens ernsthafte Initiativen erfordert die negativen Folgen des Luftverkehrs zu mildern. Gemeint sind hier v.a. die Emissionen, von Lärm, Schadstoffen und CO2.

Als Koalitionspartei haben wir im aktuell geltenden Sächsischen Koalitionsvertrag zwischen CDU, Grüne und SPD auf Seite 52 festgehalten, gleichberechtigt zu „verstärkten […] Bemühungen zur Reduzierung von Lärm- und CO2-Emissionen“ beizutragen und „Wir unterstützen die Bemühungen um eine weitgehende Abschaffung der kurzen Südabkurvung am Flughafen Leipzig/Halle.“

Daher erwarten wir eben nicht nur den derzeit unternommenen passiven Lärmschutzmaßnahmen, sondern aktive Anstrengungen zur Emissionsvermeidung Verlagerung von Fracht auf die Schiene, technologischen Fortschritt der neue Antriebssysteme und Treibstoffe testet und gestaffelte Gebühren, welche schadstoffarme Flugzeuge gegenüber emissionsstarken privilegiert.

Der Dialog um diese und weitere Veränderungen kann meines Erachten nicht nur von einem Ministerium geführt werden, sondern muss mithin auch die Staatsregierung als Ganzes unterstützen, die auch schwer umzusetzende Themen wie die Alternativen zur kurzen Südabkurvung umfassen muss.

Ziel all dieser Initiativen muss ein fairer Interessenausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen und nicht minder legitimen Interessen der von Fluglärm und weiteren Emissionen betroffenen Bürger*innen sein.

Auf drei Optionen dazu möchte ich hier hinweisen und eine Aufnahme und Prüfung zur Realisierung unter dem Blickwinkel dieses fairen Interessenausgleiches raten:

  • die Schaffung von temporären Lärmpausen durch zeitlich versetze Nutzung nur einer der beiden Landebahnen. Durch mehrtägige Nutzung nur einer Landebahn könnte in der Praxis – zumindest temporär – für einen Teil der von sehr hohem Fluglärm betroffenen Bürger Erholungspausen und mithin die Möglichkeit zu erholsamem Nachtschlaf geschaffen werden.
  • ein Verbot von Flugzeugen mit einer besonders hohen Lärmemissionen, zumindest in deren Starts- und Landungen in den Nachtstunden
  • die zeitnahe Einführung eines Bonus- / Malus-Systems, dass den Einsatz von emissionsarmen Luft-Fahrzeugen belohnt, dafür aber insbesondere technisch-veraltete, laute Flugzeuge mit erhöhten Gebühren belegt.

Letzterer Ansatz ist als politischer Wille ebenso Gegenstand des aktuellen, sächsischen Koalitionsvertrages und in Zeilen 2627 bis 28 klar formuliert:

„Wir wollen Lärm- und Schadstoffe durch den Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge mit alternativen Antrieben und Kraftstoffen am Boden reduzieren.“