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Rede von Holger Mann zum Studienreformgesetz der Landtagsfraktion die Grünen.

Gilt als gesprochenes Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

die Fraktion B90/Die Grünen hat uns ein Studienreformgesetz vorgelegt. Mehrfach haben sich seit Beginn der Legislatur auch die anderen demokratischen Oppositionsfraktionen in diesem Haus mit der Studien- und Lehrsituation und insbesondere mit der Umsetzung der Bologna-Reform auseinandergesetzt. Spätestens seit den Studierendenprotesten im Herbst 2009 hat die Politik erkannt, dass maßgebliche Ziele des Bologna-Prozesses nur unzureichend erfüllt sind. Dies betrifft vor allem die mangelnde internationale Mobilität der Studierenden, die fehlende soziale Dimension des Bologna-Prozesses und eine Studienreform die maßgebliche Erfolgsbedingungen für Wissenschaft konterkariert.

Hier ist vor allem die Verknappung des Zuganges zum Master, die Überfrachtung und teilweise Verschulung der Studiengänge, sowie die Unterfinanzierung des Hochschulsystems bei erneut gewachsenen Anforderungen zu nennen. Und dort, wo das Land und damit wir selbst eine Verantwortung an dieser Entwicklung haben, muss und sollte auch die Landesregierung gegensteuern.

Den Grünen kommt der Verdienst zu hier viele der diskutierten und durch das Land umsetzbaren Ansätze in einem Gesetz vereint und diesem Haus zur Abstimmung vorgelegt zu haben. Wir werden diesem Gesetz zustimmen, weil es richtige Ansätze sind, um Fehlentwicklungen zu korrigieren, die Lernenden stärkt und Hochschulen in die Lage versetzt, mit flexiblen Lösungen auf die neuen Anforderungen zu reagieren.

Einige Beispiele, um zu illustrieren, was auch die SPD korrigieren will:

Trotz anderweitiger Stellungnahme des SMWK zu unserer Anfrage aus dem Dezember 2009 ist es immer noch verbreitete Praxis, dass Anwesenheitslisten Prüfungsvoraussetzungen in Sachsen sind. Oder um es mal auf den Punkt zu bringen: Wir erwarten von künftigen Absolventen, dass sie Firmen führen und hochspezialisierte Forschung und Entwicklung betreiben können, trauen ihnen aber nicht zu, selbst zu entscheiden, welche der Lehrangebote für ihren Studienerfolg notwendig sind. Und nehmen ihnen damit im Übrigen das meist einzig effektive Mittel der Lehrbewertung, das Sachsen derzeit kennt…

Oder ein anderes Beispiel:

Trotz anderweitiger europäischer Vereinbarungen, liegt die Beweislast für die Gleichwertigkeit der im Ausland erworbenen Studienleistungen viel zu oft bei den Studierenden. Es wird also erwartet, dass jeder einzelne Studierende nachweist, dass die Studienleistung, welche er oder sie an einer Partnerhochschule seiner Hochschule erworben hat, als gleichwertige Leistung anerkannt werden kann. Das ist ein wenig so, als müsste jeder PKW-Fahrer bei Transit in anderes europäisches Land nachweisen, dass der deutsche TÜV einen gleichwertigen Standard bietet, wie der örtliche Sicherheitsstandard. Das kann also kein sinnvoller Ansatz sein!

Deshalb stimmen wir diesen und anderen gesetzlichen Regelungen solche Missstände abzustellen zu.

Zwei Ansätze jedoch gehen unserer Meinung nach zu weit:

Zum Einen will die Fraktion B90 die sächsische Dienstaufgabenverordnung  quasi außer Kraft setzen und komplett an die Hochschulen delegieren. Wir halten dies vor dem Hintergrund der derzeitigen Überlastzahlen in zahlreichen Studiengängen und zugleich einem Anreizsystem das Forschungsbemühungen belohnt, aber Gute Lehre nicht honoriert, für gewagt. Eine Flexibilisierung der Dienstaufgabenverordnung – wie dies bereits das letzte von der SPD mitgestaltete Hochschulgesetz einleitete – wäre der unserer Meinung nach bessere Weg.

Zum Zweiten will die Fraktion B90/Die Grünen Fachbereichen der Fachhochschulen das Promotionsrecht verleihen. Auch hier denken wir, dass mit den Vorschlägen des Wissenschaftsrates zur Stärkung der Fachhochschulprofessoren in den Promotionsausschüssen, sowie Abbau der Promotionshürden gegenüber Fachhochschulabsolventen an den Universitäten der richtige Weg ist.

Der richtige Weg um Nachwuchsförderung und Qualitätssicherung miteinander zu vereinbaren, der richtige Weg in ein klares Profil der Institutionen des tertiären Bildungssektors zu stärken. Deshalb können wir diesen zwei Abschnitten nicht zustimmen. Wir hoffen aber umso mehr, dass die anderen Artikel eine Mehrheit in diesem hohen Hause finden. Nicht zuletzt, um die Bologna-Reform zu dem Erfolg zu führen, den die Idee eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes verdient hat.