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Rede im Landtag zum Antrag der Grünen: „Für mehr angewandte Forschung in Sachsen – externe gemeinnützige Forschungseinrichtungen fördern“

Die gesamte Debatte finden Sie hier.

+ gilt als gesprochenes Wort +

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

der vorliegende Antrag passt sehr gut – gestern der parlamentarische Abend des Verbandes der Innovationen Unternehmen mit der Vorstellung des imreg-Gutachtens zu den positiven ökonomischen Effekten von gemeinnützigen externen Forschungsinstituten – aber es ist auch der erste Folgeantrag aus dem Bericht der Enquetekommission.

Auf 3 Aussagen zu den Industrieforschungseinrichtungen im Bericht der Enquetekommission möchte ich daher verweisen. So heißt es hier :

(1) in der SWOT Analyse zu den Risiken: 

„Sachsen weist eine hohe Zahl von marktorientierten  Industrieforschungseinrichtungen auf. Diese sind – insbesondere wegen hoher Vorlaufkosten für FuE-Infrastrukturen – finanziell nicht immer ausreichend abgesichert. Hier besteht das Risiko mangelnder Nachhaltigkeit.“

(2) Dem Mehrheitvotum waren sie immerhin die Passage wert:

„Die gewerblichen Industrieforschungseinrichtungen sind wichtige Akteure des Innovationssystems und Partner bzw. Dienstleister kleiner und mittlerer Unternehmen in Sachsen. Um ihren Bestand und ihre Fortentwicklung zu sichern, ist zu prüfen, ob aus Landesmitteln und Eigenkapital zusätzliche Fördermöglichkeiten für ihre Forschungsinfrastruktur sowie eine Beteiligung an Forschungsprojekten bestehen.

Und auch in der Innovationsstrategie der Staatsregierung werden die Industrieforschungsinstitute kurz – als Teil der Forschungslandschaft – erwähnt , eine Einordnung oder  konkrete Maßnahmen zur weiteren Stärkung sucht man jedoch vergebens.

Position SPD im Enquetebericht:

Dagegen hat die SPD, zusammen mit Linken & Grünen-Fraktion im

(3) Mindheitenvotum folgendes niedergelegt:

„Als forschungsintensive Unternehmen an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sind sie stark auf die Belange der Industrie ausgerichtet und führen vor allem Auftragsforschung durch. So leisten sie vor allem einen Beitrag zur Stärkung der Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen. Die Existenz einer Forschungs-GmbH wirkt sich positiv auf Unternehmensansiedelungen und Gründungen aus und hat somit zusätzlich regionalwirtschaftliche Effekte. Dank ihrer Nähe zur Wirtschaft können die externen Industrieforschungseinrichtungen die fehlenden Forschungs-zentralen von Großunternehmen in Sachsen zumindest teilweise kompensieren. Sie sind ein positives Alleinstellungsmerkmal für den Freistaat und bedürfen auf Basis ihrer wirtschaftlichen Wirksamkeit der staatlichen Anerkennung analog zu den institutionell geförderten Einrichtungen. Der Hauptunterschied zu der übrigen außeruniversitären Forschung in Sachsen ist, dass diese Einrichtungen keine Grundfinanzierung erhalten. (…)

Position:

Uns ist der von  CDU/FDP formulierte Prüfauftrag zu wenig ambitioniert. Die Staatsregierung ist vielmehr aufgefordert:

1. Industrieforschungseinrichtungen bzw. Forschungs-GmbH als Alleinstellungsmerkmal für Sachsen zu begreifen und sie als Standortvorteil entsprechend zu bewerben.

2. Konkrete Schritte zur Förderung der Forschungsinfrastruktur externer Industrieforschungseinrichtungen einzuleiten.

3. Die Anschaffung von Versuchsanlagen, Labor- und Prüfgeräten sowie Maßnahmen zur Erhaltung der Immobilien durch den Freistaat künftig finanziell zu unterstützen.

Warum ist uns als SPD  die bessere  Unterstützung externen Forschungseinrichtungen so wichtig. Die Antwort liegt in der gestern vorgestellten Imreg Studie, aber auch den Studien der letzten Jahre – es geht um die Überwindung der strukturellen Nachteile des Wirtschaftsstandortes Sachsen bzw. Ostdeutschlands:

  • Produktivitätsrückstand von über 25 Prozent
  • Bruttoentgeltrückstand –sprich Lohnniveau von fast 30 Prozent
  • Betriebsgrößen –  sächsische Industriebetriebe sind um ein Drittel kleiner als der deutsche Durchschnitt
  • vor allem aber liegen die internen FuE Aufwendungen der Wirtschaft bei nur einem Drittel des Bundesdurchschnittes

Diese Liste des „industrie- und arbeitsmarktpolitischen Grauens“ ließe sich leider weiter fortsetzen – besonders bedrohlich ist es, dass sich diese Situation in den letzten Jahren nicht verbessert hat.

Hier heißt es ansetzen, alte Strukturen kritisch überprüfen und sich auch neuen Anforderungen stellen – dabei müssen das Größenwachstum und die Stärkung der Innovation zentrale Ziele sein.

Genau dafür haben die gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen große Bedeutung – UND genau aus diesem Grund wurde die Förderung der „Ostforschung“ unter dem damaligen Bundesminister Tiefensee 2009 in der der INNO-KOM-OST zusammengeführt. Das technologieoffene Förderprogramm INNO-KOM-Ost umfasste zum Zeitpunkt seiner Einführung zwei Fördermodule: „Vorhaben der Vorlaufforschung“ sowie „marktorientierte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben“.

Da die Industrieforschungseinrichtungen über keine institutionelle Finanzierung zur Durchführung ihrer Forschungsprojekte verfügen, fehlten ihnen häufig die Mittel, um die notwendige und leistungsfähige Geräte- und Infrastrukturausstattung sicherzustellen oder zu modernisieren.

Deshalb hatte sich ein immenser Investitionsstau in diesem Bereich gebildet. Da gemeinnützige Einrichtungen keine Rücklagen bilden können, müssen Investitionen aus dem laufenden Geschäft finanziert werden. Gerade bei größeren Investitionen fehlt hier aber das Geld.

Eine solche Infrastruktur ist aber wesentliche Voraussetzung, um auf dem aktuellen Stand zu forschen und als attraktiver Partner für Industrieunternehmen wahrgenommen zu werden.

Bundesprogramm:

Deshalb wurde im Jahr 2009 das Modellvorhaben „Investitionszuschuss technische Infrastruktur“ (MV-IZ) als eine Ergänzung des Programms INNO-KOM-Ost eingeführt. ->>> Die Evaluierung des gesam
ten Programmes im Jahre 2012 durch das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung hat die Konstruktion und Handhabung des Gesamtprogrammes mit allen drei Modulen sehr gelobt und empfohlen es auf ganz Deutschland auszuweiten.

Aus diesem Grund muss die jährliche Verlängerung abgeschafft werden und dieses sinnvolle Programm verstätigt werden.

Forderung BUND – Auffangkompetenz Land:

Sollte das Programm durch den Bund nicht verlängert werden – sollte der Freistaat Sachsen eine anteilige Basisfinanzierung sicherstellen – Schwerpunkt dabei sind die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur. (Andere Fördermittelzugänge wie die GA entfallen leider – da die Eigenmittelquote zu hoch ist.)

Das Ziel des Förderprogrammes INNO-KOM-Ost war es, den diskriminierungsfreien Zugang zu Forschungs- und Entwicklungsergebnisse für die Allgemeinheit bereitzustellen um somit insbesondere die Innovationsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu verbessern. Dies braucht Sachsen ganz besonders, da wegen des Fehlens von Großunternehmen die Industrieforschung hauptsächlich in KMU stattfindet.

Das diese Zielstellung erreicht wird, zeigt die Evaluierung des IWH von 2012 :

Kernaussagen:  

  • die mit dem Förderprogramm INNO-KOM-Ost angestrebten Ziele wurden erreicht
  • das Programm besitzt hohe Attraktivität. 58 der 64 Einrichtungen in Ostdeutschland bezogen in den letzten Jahren eine Förderung.
  • die Mitnahmeeffekte des Programms INNO-KOM-Ost sind marginal
  • die geförderten FuE-Projekte weisen deutliche Verwertungserfolge auf. Bei 97% der durchgeführten Projekte konnten Umsätze aufgrund der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in den IFE erzielt werden. Das heißt, der mit der Förderung angestrebte Transfer der FuE-Ergebnisse in und deren Nutzung durch Unternehmen greifen.
  • Die Effizienz der eingesetzten Mittel ist erheblich. Mit einem Euro Fördermittel wird ein Mehrfaches an Umsatzerlösen und Kosteneinsparungen erreicht. Über einen Zeitraum von gut 6 Jahren erbringt ein Förder-Euro im Durchschnitt 18 Euro Erlös, d.h. Umsatz, Kosteneinsparungen und Lizenzeinnahmen.
  • die wichtigsten Geschäfts- und Kooperationspartner der IFE, die KMU, bescheinigen den IFE durchweg eine hohe Bedeutung im Bereich FuE und Innovation. Die Kooperation mit den IFE hilft den befragten Unternehmen, ihre Marktposition zu sichern und hat positive Effekte auf den Umsatz und die Beschäftigung in den Unternehmen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen des IWH aus den Ergebnissen der Evaluierung für die weitere Ausgestaltung der Förderung :

  1. Die Förderung sollte kurz- und mittelfristig (mindestens bis zum Jahr 2019) weitergeführt werden. Die geschilderten strukturellen Nachteile der ostdeutschen Wirtschaft werden fortbestehen. Die ostdeutsche Wirtschaft wird auch in den kommenden Dekaden die Lücke zum Westen (bspw. bei Produktivität und Einkommen) nicht schließen können. Ostdeutschland wird weiter auf das Wachstum der bestehenden KMU sowie auf technologieorientierte Existenz-gründungen und deren positive Entwicklung setzen müssen. Die Entwicklungsstrategie wird vor allem durch Innovation und FuE vorangetrieben. Angesichts ihrer wichtigen Rolle in der ostdeutschen Industrieforschung sollte die Förderung der IFE in allen Modulen fortgesetzt werden.
  2. Die flexible Handhabung des Förderinstrumentes wird auch weiterhin zu seiner hohen Nutzung und Effektivität beitragen. Die Förderung durch das BMWi erfolgt auf hohem Niveau und setzt an den vorhandenen Strukturen in Ostdeutschland an. Sie reagiert aber auch auf Veränderungen. Dazu zählen sowohl die stärkere Ausrichtung der Förderung der IFE auf die Umsetzung der FuE-Ergebnisse am Markt und damit auf das Wachstum der Unternehmen als auch die Förderung der industriellen Vorlaufforschung und die Einführung des Investitionszuschusses technische Infrastruktur als Voraussetzungen für international wettbewerbsfähige FuE-Ergebnisse.
  3. Es wird empfohlen, das erfolgreiche Förderprogramm auch für westdeutsche IFE zu öffnen. INNO-KOM-Ost ist derzeit ein Förderprogramm, welches sich an gemeinnützige externe Industrieforschungseinrichtungen in Ostdeutsch-land richtet, die nicht grundfinanziert sind. Derartige Industrieforschungseinrichtungen existieren aber auch in Westdeutschland und erfüllen dort sehr ähnliche Funktionen, insbesondere gegenüber KMU. Da sich ost- und westdeutsche KMU nicht (mehr) grundsätzlich voneinander unterscheiden, ist der Fördertatbestand nicht per se auf die neuen Bundesländer begrenzt.

Fazit: Seit ihrem Entstehen haben sich die IndustrieForschungsEinrichtungen als wichtige Akteure der regionalen Innovationssysteme im Freistaat etablieren können.

Sie bieten technologisches Wissen, Innovationslösungen und FuE-Leistungen für Unternehmen (insbesondere für KMU) an und unterstützen somit deren Innovationsprozesse. Da sie an der Schnittstelle zwischen dem Wissenschaftssystem und den innovationsorientierten KMU Forschungs- und Entwicklungsleistungen durchführen, nehmen die IFE eine wichtige Funktion beim Technologietransfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft ein.

Das Fehlen einer kontinuierlichen Grundfinanzierung, und damit die geringen Möglichkeiten zur notwendigen regelmäßigen Erneuerung oder Erweiterung der technischen Infrastruktur, werden in zahlreichen Untersuchungen als zentraler Wettbewerbsnachteil und Barriere der Innovationsaktivitäten der IFE gesehen.

Dies sollten wir beheben, ob mit der Fortsetzung der INNO-KOM-Ost mit allen Modulen, mittels der Finanzierung im vorliegenden Antrag oder über ein spezielles Landesprogramm wie in Sachsen-Anhalt bzw. Thüringen. All dies muss schnellstmöglich geprüft und dann eine Option umgesetzt werden um langfristige Planbarkeit und Verlässlichkeit zu schaffen.

Dies hat die SPD Fraktion im Bundestag übrigens bereits im April erkannt und in der Drucksache 13.224 den Antrag „Bessere Politik für einen starken Mittelstand – Fachkräfte sichern, Innovationen fördern, Rahmenbedingungen verbessern“ in den Bundestag eingebracht – Ich hoffe daher hier als auch im Bund auf eine breite Zustimmung.

Danke