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Holger Mann zur Diskussion um die „Landarztquote“

Quote oder Anreize um dem Ärztemangel zu begegnen?

In dieser Woche wurde öffentlich über eine „Quote“ zur Bekämpfung des Ärztemangels im ländlichen Raum diskutiert. CDU-Gesundheitsministerin Klepsch wirft der SPD vor, das von ihr unabgestimmt und übers Knie gebrochene Gesetz zu blockieren.

Wir setzen uns als SPD-Fraktion dafür ein, dass mehr Ärzte dafür gewonnen werden können, sich als Hausärzte auf dem Land niederzulassen. Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das am vergangenen Freitag im Bundestag beschlossen wurde, ist dazu ein erster Baustein.

Der Vorschlag von Gesundheitsministerin Klepsch zur Landarztquote für Studienanfänger ist nach unserer Auffassung jedoch inhaltlich unausgegoren. Diese Maßnahme wird unserer Meinung nach auch in mehr als zehn Jahren das Problem nicht lösen, sondern ist vielmehr ein Stück Symbolpolitik oder Wahlkampfpolemik. Der Vorschlag kommt so für eine ordentliche inhaltliche parlamentarische Beratung in dieser Legislatur auch zu spät. Es ist unsere Verantwortung als Abgeordnete, keine Schnellschüsse durchs Parlament zu winken, denen die Bruchlandung vor dem Verfassungsgericht droht.

Für uns ist Folgendes in der Debatte um mehr Hausärzte für den ländlichen Raum zentral: Wir haben genug Medizinstudierende in Sachsen. Unser oberstes Ziel muss es deshalb sein, dass deutlich mehr von ihnen Hausärzte werden und sich freiwillig auf dem Land niederlassen.

Wir wollen das bestehende Stipendien-Programm für Medizinstudierende, die sich nach dem Studium für mehrere Jahre als Hausarzt auf dem Land verpflichten, ausweiten. Außerdem soll der Masterplan Medizinstudium 2020 zügig umgesetzt werden. Die Allgemeinmedizin soll verpflichtender Bestandteil des Medizinstudiums und die geplante Hausarztklasse an der Uni Leipzig genutzt werden, um junge Menschen für die Arbeit in dem Bereich zu begeistern. All unsere Vorschläge für ein sächsisches Hausärzte-Programm gibt es auch noch einmal zusammengefasst hier: https://www.spd-fraktion-sachsen.de/wp-content/uploads/2019-Haus%C3%A4rzte.pdf

Die CDU hat heute 5 Argumente für eine Ärzte-Quote veröffentlicht. Ich beantworte diese mit 10 Argumenten für bessere Lösungen:

  1. In Sachsen fehlen aktuell 255 Hausärzte.

Wir haben keine 11 bis 13 Jahre mehr, bis eine Quote wirkt. Wir brauchen JETZT wirksame Maßnahmen.

  1. Mehr als ein Viertel der Hausärzte ist heute schon älter als 60 Jahre.

Das war schon länger abzusehen. Das Gesetz zur Ärztequote kommt viel zu spät und ist handwerklich schlecht. Wir haben die besseren Rezepte und wollen wenn Gesetze, die das Wahljahr überstehen.

  1. In vielen Regionen droht Unterversorgung.

Die bisherigen Konzepte sind nicht ausreichend. Nach 29 Jahren CDU im Gesundheitsministerium scheint man mit dem Latein am Ende. Wir haben bereits vor 2 Jahren einen überarbeiteten Masterplan Medizin eingefordert und jetzt eigene Vorschläge vorgelegt.

  1. Immer mehr Ärzte arbeiten in Teilzeit.

Deshalb brauchen wir attraktivere Arbeitsbedingungen in Teams wie Tandempraxen oder Polikliniken. Ein Zwang zum Arbeitsplatz in Räumen ohne ausreichende Verkehrsanbindung oder Betreuungsstrukturen wirkt dagegen abschreckend.

  1. Über 95% der 2.400 sächsischen Medizinstudent*innen werden keine Hausärzte.

Wir wollen Medizinstudent*innen schon im Studium die Allgemeinmedizin näherbringen und dazu Hausärzteklassen und Pflichtmodule einführen.

  1. Zu viele Mediziner haben keine Chance auf eine Niederlassung im Land.

Der Großteil der sächsischen Medizinabsolvent*innen bekommt keine Chance auf Niederlassung in Sachsen (Vergabe der Niederlassungserlaubnis durch die KV), noch haben sie das Kapital um eine Praxis im Land zu übernehmen. Wir wollen deshalb Tandempraxen, in denen Jungärzte und Erfahrene schon 5 Jahre miteinander arbeiten, um den Übergang zu gestalten.

  1. Hausärzte verdienen als „Allgemeinmediziner“ im Durchschnitt deutlich weniger.

Allgemeinmediziner verdienen im Schnitt deutlich schlechter als Fachärzte. Das setzt die falschen Anreize: Hier muss der(das) Bundesgesundheitsminister(ium) endlich ran und eine neue Entgeldstruktur auf den Weg bringen.

  1. Quote ist Eingriff in Berufsfreiheit

Wer weiß schon mit 18, was er mit 31 Jahren macht? Kein junger Mensch will sich so früh dafür entscheiden, was er in 11 bis 13 Jahren macht und wo er sich niederlässt. Wir wollen stattdessen die eingeführten „Landarzt-Stipendien“ ausbauen.

  1. Quote wird sanktioniert, wir wollen Anreize.

Die Quote sanktioniert die Niederlassung außerhalb des ländlichen Raumes mit Strafen von ca. 200.000 Euro. So wird der Quoten-Arzt zur Bestrafung und Arzt zweiter Klasse. Wir wollen positive Anzeize wie Übernahme- und Investitionszuschüsse.

  1. Quote kann auch keine Sicherheit für mehr Ärzte auf dem Land bieten.

Auch die Quote sichert nicht mehr Ärzte auf dem Land, zum einen, weil es Mitnahmeeffekte gibt, zum anderen, weil man sich freikaufen kann (s.o.). Dies machen Kliniken auch heute schon. Kurzum: Für manch eineN mit viel Geld sind die für Quoten-Studierende abgesenkten NCs bei der Zulassung ein Weg hohe Leistungsstandards zu umgehen. Das ist nicht gerecht, sondern gefährlich und verfassungsrechtlich bedenklich.