Top Hauptmenü

Redebeitrag zur Aktuellen Debatte: "Genug gekürzt!“

„Hochschulen aus der Autonomiefalle befreien – das Beispiel Leipzig“

 

Holger Mann, MdL, Sprecher für Hochschule und Wissenschaft der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag formuliert:

 

*Es gilt das gesprochene Wort!*

 

„Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

aus Sicht der SPD-Fraktion, sind nicht mehr Freiheiten für Hochschulen das Problem, sondern die Stellenkürzungen, welche diese CDU-FDP-Koalition im Dezember 2010 beschlossen hat und für die sie die Verantwortung nun – unter dem Deckmantel der Autonomie – auf die Hochschulen abschiebt. Deswegen gleich zum Kern:  CDU und FDP haben den Abbau von 1042 festen Stellen bis 2020 beschlossen. Final wären das 52 Millionen Euro Haushaltskürzungen pro Jahr.

Wir haben in den Haushaltsberatungen 2010 gegen diese Stellenkürzungen gewandt, da damals bereits absehbar war, dass die Studierendenzahlen steigen werden. Schwarz-Gelb hat dies bestritten und mit Verweis auf entstehende Reserven durch den Hochschulpakt abgelehnt.

Heute ist die Situation wie folgt: Vier Jahre später, sind die Studierendenzahlen auf Rekordniveau und die Mittelzuweisungen des Bundes  aus dem Hochschulpakt  haben sich von 7 Millionen in 2010 auf nunmehr 84 Millionen mehr als verzehnfacht. Ihre Kürzungen aber setzen sie fort.

Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern hat inzwischen dramatische Konsequenzen.

Denn was dieser Stellenabbau bedeutet und noch bedeuten wird, lässt sich gerade an der Entwicklung der Uni Leipzig nachvollziehen.  Letzte Woche wurde hier die Schließung zwei weiterer Institute verkündet. Nach der Pharmazie, soll nun auch die Theaterwissenschaft und Klassische Archäologie schließen. Wiederum verschwänden diese Fächer damit aus Sachsen oder im Falle der Theaterwissenschaft aus den neuen Bundesländern.

Allen Fächern mangelt es nicht an Nachfrage. Dennoch sollen vier Professuren  und zahlreiche MitarbeiterInnen ihren Job verlieren und damit die Angebote für 430 Studierende der beiden Hauptfächer und mehrerer Hundert in den Nebenfächern wegfallen. Mit dem Institut für Theaterwissenschaft würden u.a. zwei DFG-Forschungsprojekte verloren gehen und zwei weitere – die derzeit in Bewilligung sind – nicht eingeworben werden können. Aber dies ist nicht nur Verlust an Potential in Lehre und Forschung, die Stadt Leipzig und der Freistaat verlieren auch kulturelles Kapital.

So bietet die Theaterwissenschaft, das Rückgrat des gerade erst in die Universität integrierten Tanzarchivs und die Bibliothek der Künste verlöre damit eine tragende Säule. Die moderne Forschungsinfrastruktur bliebe. Zudem gibt es zahlreiche Vernetzungen – nicht zuletzt mit der reichen Festivalszene in Dresden, Leipzig und Berlin. Aber auch im zweiten Fachbereich, gehen nicht nur interdisziplinäre und internationale Netzwerke verloren.

Schließungen werden in einem politischen Umfeld verkündet, die das Gegenteil nahe legen würden. Der Ministerpräsident und die Wissenschaftsministerin haben gerade einen Koalitionsvertrag ausgehandelt und unterschrieben, der die Stärkung der Geistes-, Kultur- und Gesellschaftswissenschaften sowie der Kleinen Fächer vorsieht.

Der Bund stellt mehr Mittel für die Hochschulen zur Verfügung als jemals vorher und dies soll noch ausgebaut werden.

Und ihre eigene Hochschulentwicklungsplanung (HEP) stellt fest, dass KEIN Bedarf zur Konzentration in den Geistes-, Sozial- & Kulturwissenschaften gegeben ist, eher von einer hohen Nachfrage bei bereits 120 prozentigen Auslastung (und mehr) auszugehen ist und vielmehr steht – mit Verweis auf das Ziel den Anteil von Frauen in der Wissenschaft zu steigern – in der HEP die Aussage: das für die Geistes-, Sozial- & Kulturwissenschaften sich die konstant hohe Nachfrage (Zitat): „mittelfristig in der Mittelverteilung und Stellenausstattung spiegeln muss“.

Deswegen müssen wir fragen:  Was haben Sie Frau Ministerin in den Zielvereinbarungen mit der Universität dafür getan? Und was werden Sie Herr Ministerpräsident tun, um der hier in Sachsen von Ihnen gezeichneten Zuschussvereinbarung, wonach die Hochschulpaktmittel den Hochschulen in vollem Umfang zur Verfügung stehen sollen, einzulösen? Wann werden Sie beide sich dafür streiten, die Stellenkürzungen im Bereich Wissenschaft für alle Hochschulen auszusetzen? Wir Sozialdemokraten sagen:  Es wird höchste Zeit diese Stellenkürzungen zu stoppen, bevor noch mehr Potential in Lehre Forschung und Kultur  in Sachsen verloren geht!“

 

Hintergrund:

Aus der Hochschulentwicklungsplanung des Freistaates Sachsen, Dez 2011; S. 185: Fächergruppe Geistes-, Sprach- und Kulturwissenschaften

„In der Fächergruppe Geistes-, Sprach- und Kulturwissenschaften besteht nach Einschätzung des SMWK kein unmittelbarer Bedarf zur Konzentration von Studienangeboten. Die Studiennachfrage ist weiterhin hoch und die Auslastungen liegen in der Regel zwischen 120 und 150 Prozent. Es ist dabei eine sehr hohe Kontinuität der Wahl von sozial-, geistes-, sprach- und kulturwissenschaftlichen Fächern durch junge Frauen zu beobachten. Angesichts der Zielstellung, mehr weibliche Studienberechtigte zur Aufnahme eines Studiums zu motivieren, ist daher auf Dauer eine hohe Nachfrage nach diesen Fächern zu erwarten, die sich mittelfristig in der Mittelverteilung und Stellenausstattung spiegeln muss. Allerdings bestehen auch im Bereich der geistes, sprach- und kulturwissenschaftlichen Fächer in erheblichem Umfang Möglichkeiten einer verbesserten Kooperation. Dies gilt insbesondere für die jeweiligen Fächer an der Universität Leipzig.“

Videomitschnitt:

Unter http://www.youtube.com/watch?v=E1MivDGoF3g&feature=youtu.be kann die Aktuelle Debatte nachvollzogen werden.