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Rede im Plenum zum Thema „Freifunk in Sachsen fördern – Bürgernetzwerke stärken“

Heute habe ich mich im Landtag zum Prioritätenantrag der Fraktion DIE GRÜNEN „Freifunk in Sachsen fördern – Bürgernetzwerke stärken“ (Dr. 6/7694) geäußert. Im Folgenden gibt es den Volltext der Rede zum Nachlesen (Es gilt das gesprochene Wort):

 

Sehr geehrte/r Frau/ Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

ich sagte in der gestrigen Debatte bereits: Die SPD steht für die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben und Wirtschaftsprozess. Der Zugang zum Internet wird hierfür zunehmend zur Voraussetzung. Viele sprechen deshalb bereits von einem Grundrecht auf Internet, auch wenn dieses noch keinen Eingang in die Verfassung gefunden hat. Ein Meilenstein für diese Debatte war aber das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 24. Januar 2013:

In der Urteilsbegründung des BGHs heißt es unter anderem: „Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets. Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.“

Und: „Nutzbarkeit des Internets (sei) ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit … auch im privaten Bereich für die … Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist.“ Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir darüber sprechen, wie wir diesen Zugang für möglichst alle Menschen absichern können. Der heutige Antrag behandelt mit den Freifunkinitiativen einen Ansatz dies zu tun. Selbstorganisiert, frei und solidarisch.

Zur Würdigung der FF-Inis:
In Sachsen gibt es bereits zahlreiche Initiativen, die dieses Projekt tragen und voranbringen.
Nicht nur in den 3 kreisfreien Städten, obgleich es schon Respekt abnötigt, wie zum Beispiel die Chemnitzer FF-Ini ganze Straßenzüge oder wie auch die Dresdner Ini Flüchtlingsunterkünfte mit freiem W-LAN ausstattet. Dass aber gerade im ländlichen Raum FF-Inis Potentiale heben können, zeigt vor allem die mittelsächsische FF-Ini, die nicht zuletzt mit Bildungsangeboten zur Medienkompetenz, aber auch Internetsicherheit beiträgt.

Dies hat unsere Anerkennung und verdient politische Unterstützung. Deswegen kann man nicht nur in den meisten Bürgerbüros der SPD-Abgeordneten W-LAN kostenlos nutzen, sondern unterstützen nicht wenige der Mitglieder der SPD-Fraktion u.a. eine SM regionale Initiativen und sind damit Teil der Freifunkbewegung. Es seien daher wenigstens noch die Inis im Vogtland und Landkreis Leipzig namentlich erwähnt. Wenn wir alle im Plenum dies tun, wären wir im Sinne des Antrages bereits ein ganzes Stück weiter.

Damit zum Antrag selbst: Falls es nicht schon deutlich geworden ist, wir können den Feststellungsteil des Antrages nahezu komplett unterschreiben. Das Engagement ist zu würdigen, es birgt großes Potential, ermöglicht soziale Teilhabe, unabhängig vom Einkommen und erhöht die Attraktivität (Pkt. 1 -5 & 8). Zumindest ein Teil der FF-Inis fördert Medienkompetenz durch Bildungsangebote und ebenso wurden viele – nicht alle! – Flüchtlingsunterkünfte durch Sie mit W-LAN ausgestattet.

Dem Beschlussteil können wir leider nicht so umfänglich folgen. Dennoch: Auf den fortschrittlichen Beschluss des Dt. Bundestages zur „Störerhaftung“ bin ich gestern schon eingegangen. Noch aber ist hier nicht gänzlich Rechtssicherheit erreicht. Genau dafür aber setzen wir uns, als auch die Staatsregierung ein (Punkt 9).

Eine allgemeine Änderung der Abgabenordnung und Gemeinnützigkeit von FF-Inis halten wir für nicht realistisch. Die Abgrenzung zwischen kommerziellen, privaten und gemeinnützigen Inis ist nicht so einfach. Daher plädieren wir dafür, dass die Praxis die Gemeinnützigkeit FF-Inis i.d.R. nicht zu erteilen überdacht wird und zur einer bereits in NRW und auch Sachsen praktizierten Einzelfallprüfung übergegangen wird. Wer nachweislich Bildungsarbeit macht und keine kommerziellen Zwecke verfolgt, sollte so die Gemeinnützigkeit erhalten.

Der komplizierteste Punkt aber ist die Aufnahme von FF-Inis in die FRL Dios. Hier sind Beihilfevorschriften, wie das allgemeinen HH-Recht zu überwinden. Ob die Organisationsform der FF-Inis wirklich geeignet ist, eine Nachweisführung und Haftung über 5 Jahre zu gewährleisten, dafür – wie eben benannt – eine förderfähige Rechtsform zu gewährleisten, muss zumindest bezweifelt werden.

Auch praktisch stößt staatliches Handeln hier an Grenzen. Wie definieren wir ein förderfähiges Freifunk-Projekt. Ist dann jeder Router für einen zweistelligen Betrag, der mit Software den freien Zugang zu W-LAN bietet ein förderfähiges Projekt?, wie sie sagen Frau Dr. Maicher? Wenn ja, wie vermeidet man Klagen privater Anbieter, wenn nein, wo ziehen wir die Grenze? Steht der Aufwand (Antragsverfahren, Dokumentation, Nachweisprüfung) bei mehreren tausend Klein-Anträge in einem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen? Hier kann doch jedeR mit seinem privaten, bürgerschaftlichem Engagement etwas bewegen und die Initiative ergreifen!

Mit dem Programm DIOS stellt sich die Staatsregierung und Regierungskoalition der Aufgabe auf staatlicher Seite und leistet ihren Beitrag. Denn auch für die FF-Inis sind schnelle Breitbandanschlüsse die Voraussetzung. Unser Ziel ist, bis zum Ende der Dekade das Land flächendeckend mit ausreichend schnellem Internet zu versorgen! Unsere Partner sind dabei v.a. die Kommunen, die wie in vielen Bereichen der Daseinsvorsorge den Ausbau der Netze vorantreiben können.

Die SPD-Fraktion versteht den Zugang zum Internet als eine Grundvoraussetzung zur Teilhabe. Wir wollen deshalb den Zugang zum Internet alle ermöglichen. Kostenlose WLAN-Hotspot sind ein schneller und wenig institutionalisierter Weg in die Freiheit des Internets. Dies kann man auf verschiedenen Wegen unterstützen, wir machen dies bereits persönlich wie politisch in den BB und durch Öffentlichkeitsarbeit, staatlich über die Breitbandausbau und Hot-Spots in DIOS.

Wir müssen den Antrag deshalb ablehnen.

Vielen Dank!