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Mann: Planungssicherheit für sächsische Hochschulen herstellen

„Sachsen verschenkt Zukunftspotential und setzt in HEP die falschen  Akzente.“

Zur Einbringung und Begründung des Antrags „Planungssicherheit für die Sächsischen Hochschulen herstellen“ der SPD-Fraktion “ im Sächsischen Landtag hielt der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Holger Mann am 24.11. folgende Rede:

 

„Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

 insbesondere werte Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen,

 

die SPD-Fraktion legt Ihnen heute den Antrag „Planungssicherheit für sächsische Hochschulen – endlich – herstellen vor. Sie werden gleich evtl. entgegnen, dass vieles aus dem vorliegenden Antrag Ihnen schon bekannt vorkommt. Und ja, dies ist tatsächlich der Fall: Und zwar weil wir Ihnen dies, seit mehr als anderthalb Jahren in Anträgen, Anhörungen und Debatten vortragen.


Es ist aber nicht unser Problem, dass Sie bis heute diese Anträge abgelehnt haben! Sondern eines für die Zukunft Sachsens. Ihr Problem ist aber, dass unsere Grundaussagen zur Hochschulentwicklung sich inzwischen bestätigt finden. Und ihre Grundannahmen inzwischen von der Realität eingeholt worden.

So hat die Staatsministerin der versammelten Hochschulrektorenkonferenz – (damals wirklich rein männlich besetzt) – noch im Oktober 2010 Charts als Grundlage der HEP vorgestellt, auf denen die Studierendenzahl steil abfällt. So waren da für das Jahr 2011 nur noch 95.000 Studierende prognostiziert. Gestern kamen die Zahlen vom statistischen Bundesamt. Mit sage und schreibe über 21.033 Immatrikulationen steigen die Einschreibungen und wird die Studierendenzahl in diesem Jahr erstmals die Grenze von 110.000 Studierenden und damit ein neues Allzeit-Hoch in Sachsen überschreiten. Deswegen sind vor zehn Tagen über 3.000 Studierende in Leipzig gegen diese Kürzungen auf die Straße gegangen. Und ich kann Ihnen sagen: Das war kein langfristig organisierter, breiter Protest, sondern eine erste spontane Reaktion aus den v.a. Leipziger Hochschulen.

Auch deswegen erneuern wir unsere Forderung und verstärken Sie: Die sächsischen Hochschulen brauchen eine Atempause – ein Moratorium über weitere Stellenkürzungen solange der Studierendenansturm anhält. Und dies wird ohne Zweifel bis mindestens 2015 so sein.

Und hierbei bilden sich mitnichten nur Einmal-Effekte wie die Aussetzung der Wehrpflicht oder die doppelten Abiturjahrgänge ab, sondern auch eine deutlicher Anstieg der Übergangsquote und damit des Anteil der Studierenden am Altersjahrgang. Genau das ist doch das was die Politik den jungen Leuten seit Jahren gepredigt hat. Der MP war vor drei Jahren selbst mit dabei, als er sich beim so genannten Bildungsgipfel nicht nur hinter das 10%-BIP-Ziel für Bildung, sondern auch die Erhöhung des Anteils der akademisch Gebildeten stellte.

Und jetzt kommen die jungen Menschen – auch aus den alten Bundesländern – folgen diesem Ruf – und sie knallen denen die Türe vor den Kopf oder schlimmer noch kürzen Ihnen den Dozenten aus dem Hörsaal. Das ist doch Irrsinn. Sie reden von Fachkräfteanwerbung, während im eigenen Land die Potentiale diese Fachkräfte auszubilden verdorren. Ich sage deshalb: Hören Sie auf Kaffee und Eierschecke zu verteilen und backen Sie größere Brötchen.

Wenn Sie den unbestreitbar höheren Bedarf an Fachkräften im Lehrerberuf, in Berufen der Pflege, der Energie- und Umwelttechnik decken wollen, dann brauchen Sie hier auch mehr Ressourcen. Deshalb schlagen wir einen Pool vor, der dazu dienen muss hier Prioritäten zu setzen. Wenn das Land es nicht einmal schafft in diesen Felder der öffentlichen Daseinsvorsorge mit den staatlichen Institutionen für genügend Nachwuchs zu sorgen, wo dann? Deshalb fehlen der SPD-Fraktion hierzu maßgebliche Aussagen im bisherigen Entwurf des Hochschulentwicklungsplans.

Zum Lehrermangel wurde heute bereits diskutiert, eines will ich dazu aber sagen. Den Streit den Sie von FDP und CDU halböffentlich über die Wiedereinrichtung der Grundschullehrerausbildung in Chemnitz führen, springt viel zu kurz. Anstatt mit viel Aufwand – ein Symbol zu setzen – das frühestens in 7 Jahren in den Schulen wirksam werden kann, sagen wir: Stärken Sie jetzt die beiden vorhandenen Standorte in Leipzig und Dresden und statten Sie diese so aus, dass sie den ernormen Herausforderungen des Lehrerbedarfs bewältigen können! Das ihre Rücknahme der Reform der Lehramtsausbildung hier eher eine Bürde, als eine Hilfe ist, hatten wir bereits deutlich gemacht!

Jetzt aber zu ihrem zweiten Argument für die Stellenkürzungen: Die zurückgehenden finanziellen Möglichkeiten. Ich muss Sie hier im Namen der SPD fragen: Wie kann es sein, dass Sie € 13.000 vom Bund für jeden Studierenden einstreichen, aber davon nur 60% bei den Hochschulen ankommen?

  • Wie kann es sein, dass sie uns in Stellungnahmen Planzahlen mit nur 17.000 Immatrikulationen für 2015 vorlegen, sich aber gegenüber dem Bund verpflichtet haben, bis 2015 die Immatrikulationen bei 20.000 Studierenden und die Ressourcen dafür stabil zu halten?

  • Warum stemmen Sie sich gegen Initiativen zur Lockerung des Kooperationsverbotes auf Bundesebene und die Forderung zur Aufstockung des Hochschulpakts (Geld für 50.000 zusätzl. Studierende) der SPD geführten-Länder?

  • Warum nutzen Sie nicht diese Chancen für Sachsen dem Fachkräftemangel und demografischen Wandel zu begegnen?

Sie müssten wissen, im Vergleich zum Kapitalmarkt sind die mittel- und langfristigen Bildungsrenditen von akademischer Ausbildung deutlich höher.

Wichtig ist mir deshalb festzuhalten, das was Sie hier tun, ist nicht sparen, sondern Sie kürzen Investitionen in die Zukunft Sachsens! Kurzum: Studierende sind da, Finanzierung ist da, die Infrastruktur ist da. Das was wir wirklich gestalten müssen, ist eine unterschiedlich starke Entwicklung der Studierenden an den jeweiligen Standorten. Auch deswegen wollen wir einen Pool und keinen Rasenmäher, deswegen hat sich die SPD auch nicht gegen die 4 Strukturveränderungen an den Standorten Roßwein, Reichenbach und Zittau gewandt. Einzig die nicht nachvollziehbare Angliederung des IHI Zittau an die TU BA Freiberg haben wir kritisiert.

Die Folgen ihrer Politik und ihrer Rahmensetzung durch den Doppelhaushalt?: Die will ich Ihnen an einigen Beispielen illustrieren:

  • Schließung der deutschlandweit anerkannten Mathe-Fakultät an der größten Fachhochschule des Landes, schlicht weil sie durch die Stellenkürzungen gezwungen sind, Fachrichtungen, welche nicht aus- oder überlastet sind, zu kürzen. Da steht genau eines der MINT-Fächer vor der Schließung, auf die Sie immer im Plenum das Hohelied singen!

  • Oder der drohende Abbau von 50% der Professuren in der Politikwissenschaft in Leipzig, obwohl die Fachrichtung trotz NC überlastet ist. Liegt das an der Qualität der Ausbildung, ja wohl nicht am Bedarf?

 Wenn ja, dann erstaunt mich, dass mindestens ein persönlicher Referent und ein Redenschreiben des amtierenden Ministerpräsidenten dort den Abschluss erworben hat. Nein es liegt schlicht daran, dass in dieser Fachrichtung durch die – von uns stetig thematisierte – zu lange Nichtberufung gerade drei ProfessorInnenstellen vakant sind. Und der Universität ihre Kürzungspolitik kaum Spielräume lässt.

Und was macht die Koalition? Sie streitet weiter, während die von ihr selbst gesetzte Frist für die Vorlage einer Hochschulentwicklungsplanung schon ein geschlagenes Jahr verstrichen ist. So nehmen Sie meine Damen und Herren ihre eigenen Beschlüsse Ernst! Meine Damen und Herren – insbesondere von der FDP – lassen Sie sich gesagt sein, den Hochschulvertretern ist es völlig egal, ob sie das Machwerk unter den Titel Wissenschaftsräume, Wissenschaftsräume oder Campus Sachsen stellen. Denn das ist eine Diskussion über Etiketten, die an der sächsischen Realität vorbeigeht.

Dies ist ein letzter Versuch, Sie zur Besinnung zu rufen. Unsere Hochschulen sind das Pfund dem demografischen Wandel und Fachkräftemangel erfolgreich zu begegnen. Machen Sie dieses Pfund nicht kaputt, indem sie den Hochschulen die für die Lehre und Forschung notwendige Grundfinanzierung entziehen.“