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Aktuelle Debatte im November-Plenum zur Exzellenzinitiative

Heute habe ich im Rahmen der Aktuellen Debatte im Plenum des Sächsischen Landtags zum Thema „Wichtiger Erfolg auf dem Weg zur Exzellenz – Sächsische Spitzenforschung unterstützen und Wissenschaftsstandort Sachsen weiter stärken“ gesprochen. Im Folgenden gibt es den Volltext der Rede zum Nachlesen (es gilt das gesprochene Wort):

„Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

erinnert sich noch jemand an 2004, als „Brain up! Deutschland sucht seine Spitzenuniversität“ durch die Medien geisterte? Nein, das war keine Castingshows, sondern der 1. Titel des wissenschaftsgeleiteten Wettbewerbs in der Spitzenforschung: der Beginn der Exzellenzinitiative. Es war ein Impuls zur Stärkung der Innovationsfähigkeit Deutschlands, zugleich der Versuch die Erstarrung und das Nebeneinander von universitärer und außer-universitärer Forschung zu überwinden. Und er war unmittelbar mit Edelgard Bulmahn – der damaligen SPD-Bundesforschungsministerin – verbunden.

Keine Sorge, ich will nicht behaupten, dass früher alles besser war! So begannen 2004 auch die Debatten zur 1. Föderalismuskommission, die uns 2 Jahre später das strikte Kooperationsverbot für Bildung und Wissenschaft bescherte. Dennoch markiert das Jahr einen Aufbruch, der die Wissenschaftslandschaft in Deutschland mehr als verändert hat – nicht zuletzt unsere sächsische.

Inzwischen haben wir drei Runden der Exzellenzinitiative erlebt, die zur Schärfung der Forschungsprofile beigetragen haben. Die Technische Universität Dresden war von Beginn an erfolgreich bei der Antragstellung – sowohl in der Förderlinie Graduiertenschulen als auch in der der Exzellenzcluster. Seit 2012 wird auch das Zukunftskonzept „Die Synergetische Universität“ der TU Dresden gefördert – eines von elf. Aber auch die Universitäten in Leipzig und Chemnitz konnten sich mit einer Graduiertenschule bzw. einem Exzellenzcluster erfolgreich an den bisherigen Runden beteiligen. Als eines von wenigen Bundesländern hat Sachsen 2007 unter der damaligen und heutigen Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange zudem eine eigene Landesexzellenzinitiative auf den Weg gebracht. Fünf Projekte entstanden, die heute noch profilgebend für die Universitäten und ihre Forschung sind. Sie werden inzwischen teilweise von der Bundes-Exzellenzinitiative gefördert oder durch andere hoch dotierte Bund-Länder-Programme unterstützt.

Der Blick zurück zeigt auch, dass mit der 2012 abgegebenen Patronatserklärung des Ministerpräsidenten ein Investitions- und Bauprogramm für die Spitzenuniversität Dresden ins Leben gerufen wurde, um nachhaltige Forschungsstrukturen zu schaffen. So hat der Freistaat seitdem allein hier in Dresden über 214 Mio. Euro investiert. Auch für das Chemnitzer Ex-Cluster MERGE wurden knapp 30 Mio. Euro verbaut. So ein Forschungsneubau entsteht ja meist als sichtbarstes Zeichen für eine dauerhafte wissenschaftliche Struktur. Daher lässt sich mit Fug und Recht sagen, dass die Exzellenzinitiative unsere Wissenschaftslandschaft verändert, ja geprägt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, blicken wir aber nach vorn:

In der Zwischenzeit ist die Erkenntnis gereift, dass das strikte Kooperationsverbot in der Wissenschaft doch nicht so zielführend war. SPD und CDU haben 2014 gemeinsam Art. 91b des Grundgesetzes auf neue Füße gestellt! Mit der neuen Exzellenzstrategie nutzen Bund und Länder diesen verfassungsrechtlichen Spielraum zum 1. Mal: Die Vereinbarung zur „Exzellenzstrategie“ wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Man hat gelernt, dass neben Wettbewerb auch für Verstetigung gesorgt werden muss.

Am 29. September 2017, am Tag nach dem letzten Plenum, wurde bekannt gegeben, welche Projektskizzen zur Antragstellung aufgefordert werden. Dieses Zwischen-Ergebnis bringt Licht, aber auch Schatten für Sachsen mit sich. Erfreulich ist, dass gleich sechs Clusterskizzen der TU Dresden und eine der Universität Leipzig positiv begutachtet wurden. Sie haben nunmehr die Chance im Februar den Förderzuschlag zu erhalten. Den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern möchte ich auch im Namen der SPD-Fraktion herzlich gratulieren und unsere weitere Unterstützung zusichern. Bitter ist die Entscheidung jedoch für die Leichtbauexperten der TU Chemnitz ausgefallen: Der Folgeantrag für MERGE wurde nicht zur Antragstellung aufgefordert. Hier gilt es einen geordneten Übergang zu organisieren und das Themenfeld weiterhin zu besetzen. Mit der Gründung der Leichtbauallianz ist ein 1. Schritt – auch zur Kooperation unserer drei Technischen Universitäten – getan, jetzt sollte im 2. Schritt der institutionelle Beitritt der TU Chemnitz erfolgen. Es gilt gewonnene Expertise, insbesondere die der Spitzenwissenschaftler in Sachsen zu halten.

Wir erleben gerade also beide Seiten des wissenschaftlichen Wettbewerbs.  Eine weitere Herausforderung des gestiegenen Drittmittelaufkommens ist die Frage der Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses. Schließlich sind es die Menschen, die Forschung betreiben, und diese brauchen ebenso eine Perspektive, eine Vorstellung zu den Karrierepfaden in der Wissenschaft. Hier setzen wir mit dem von Bund und Ländern finanzierten Tenure-Track-Programm an. Die TU Dresden und TU Bergakademie Freiberg waren erfolgreich und bekommen ihre Personalentwicklung gefördert.

Aber auch unsere landeseigenen, sächsischen Mechanismen wie der „Rahmenkodex über den Umgang mit befristeter Beschäftigung an Hochschulen“ und die daran gekoppelte Mittelvergabe, sind Schritte die mehr Perspektive schaffen. Edelgard Bulmahn beschrieb diese Mission in einem letzten Interview vor Ausscheiden aus dem Bundestag wie folgt: „Inzwischen ist etwas aus der Balance geraten zwischen der Projektfinanzierung auf der einen Seite und der Grundfinanzierung auf der anderen. In der Wissenschaft brauchen Sie immer beides: kurzfristigen Wettbewerb und die Möglichkeit, langfristig zu planen. Wenn Wissenschaftler aber nur noch Anträge schreiben müssen und gar nicht mehr die Kraft haben, kreativ zu sein und langfristige Forschungsfragen zu verfolgen, dann ist eine Schieflage entstanden. In diesen Problembereich gehört auch die Kurzfristigkeit vieler Beschäftigungsverhältnisse, die wir in der letzten Legislaturperiode endlich angegangen sind.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Sachsens Wissenschaftslandschaft ist breit aufgestellt. Wir haben Schwerpunkte bei Material- und Rohstoffforschung, in der Mikroelektronik und den Zukunftsfragen der Digitalisierung, aber auch der Bio- und medizinischen Forschung – von regenerativen Therapien bis hin zur Behandlung von Zivilisationskrankheiten wie Adipositas. Schwerpunkte, die wir vor vielen Jahren gesetzt haben und weiteres Engagement benötigen. Sie beweisen schon heute, dass ein langer Atem in der Grundlagen- und Anwendungsforschung zur Innovationsfähigkeit Sachsens beiträgt und Spitzenforschung auf Weltniveau hervorbringt.

Auch für die Zukunft gilt daher: Spitze und Breite fördern, sowie Forschung und Lehre eng miteinander verzahnen. Was nützt am Ende des Tages der einsame Leuchtturm, wenn niemand mehr danach Kurs setzt um sicher an Land zu gehen? Wir blicken daher gespannt auf den Februar 2018 mit der nächsten Entscheidung über sieben Cluster-Anträge. Im kommenden Doppelhaushalt haben wir dafür die notwendigen Mittel einzustellen. Wir denken es lohnt sich, damit neben den Spitzen-Unis auch die hellsten Köpfe in Sachsen ein Zuhause haben!“